Sauerteig

Sissi und Franz oder: Wie man Sauerteig ansetzt

So! Da sind wir jetzt also. Nach vielen Monaten und Jahren des Grübelns, wann ich endlich mal das Thema Sauerteig im Blog aufnehmen würde, denke ich, dass es jetzt endlich an der Zeit ist. Der Herbst ist da und wir sehnen uns schön langsam wieder nach Gemütlichkeit. Also ich zumindest schon. (Ich darf nicht erwähnen, dass ich mich schon wieder auf Weihnachten freue, sonst denkt ihr wirklich, ich habe eine Schraube locker haha.) Dieser Beitrag ist also für alle gedacht, die gerne selbst mit Sauerteig backen, ihn selbst ansetzen oder es einfach einmal versuchen möchten.

Meine Intention dazu war, dass ich mich endlich, endlich, ENDLICH mit diesem Thema ganz genau auseinandersetzen möchte, weil es mich eigentlich extrem interessiert. Ich möchte nicht nur ein paar gute Sauerteigbrote zubereiten, sondern auch süßes Gebäck mit dem Zauberteig herstellen können. Und nach vielen Fehlschlägen, mehr oder weniger luftigen Krumen, speckigen Roggenbroten und einigen Erfolgserlebnissen möchte ich das Thema Sauerteig nun endlich aktiv angehen. Ich würde mich freuen, wenn ihr mich dabei begleitet und gerne eure Erfahrungen mit mir teilt. Man lernt nie aus!

Sauerteig

Was ist Sauerteig überhaupt?

Sauerteig hat für mich etwas Magisches. Lange konnte ich nicht glauben, dass nur die Mischung aus Mehl und Wasser einen Teig entstehen lässt, der luftige Krumen und köstliche Aromen in Brotteige zaubern kann. Aber was passiert denn eigentlich in so einem Sauerteig? Mehl und Wasser werden vermischt und beginnen, wenn sie bei richtiger Temperatur gelagert werden, zu fermentierten. Wir können nur diese beiden Zutaten sehen, aber eigentlich tümmeln sich in einem Sauerteigansatz Millionen von wilden Hefen und Milchsäurebakterien. Und die lassen es sich in der „Mehl-Wasser-Sauna“ so richtig gut gehen. Denn das Mehl serviert den Mikroorganismen Zucker und Stärke.

Bei der richtigen Temperatur werden diese kleinen Wunderlinge sehr aktiv, fermentieren den im Mehl enthaltenen Zucker, setzen Kohlendioxid und Milchsäure frei, lassen so den Teig wie von Zauberhand immer weiter wachsen und bringen sogar den richtigen Geschmack in den Teig. Je mehr Mehl und Wasser die Mikroorganismen zum „Naschen“ bekommen, desto mehr Triebkraft bekommt der Sauerteig. Deshalb ist es auch wichtig, den Sauerteigansatz immer fleißig mit den Zutaten zu versorgen, damit man am Ende mit einem unglaublich köstlichen Brot belohnt wird.

Eine lange Reise…

Bei mir hat es jetzt nun wirklich lange gedauert, bis ich mich vollkommen auf das Thema Sauerteig eingelassen habe. Oft wirkten mir die Erklärungen und Rezepte extrem kompliziert und ich hatte einfach keine Lust, mich damit intensiver auseinanderzusetzen. Aber nun bin ich wirklich im Sauerteig-Fieber und genieße extrem köstliches, frisch gebackenes Brot, das ich mir jederzeit zu Hause selber herstellen kann.

Ich hoffe, dass die oben- und unterstehenden Erklärungen einfach genug sind, damit auch ihr euch an diese kleine wundersame Welt des Sauerteiges herantasten wollt. Bitte nutzt immer gerne das Kontaktformular oder die Kommentarfunktion, wenn ihr Fragen oder Anregungen zu diesem Thema habt. Sich auszutauschen ist immer für alle Seiten extrem bereichernd!

Blitz-Tipps, die mir extrem geholfen haben

Temperatur

Also die Temperatur war für mich das Aufschlussreichste beim Herstellen meines Sauerteiges. Man möchte es nicht glauben, aber die kleinen Mikroorganismen sind extrem wählerisch, was die Temperatur angeht. Ist es beim Züchten des Sauerteiges zu kalt, wird nicht viel passieren. So war es auch bei mir. Doch dann habe ich das Gläschen in den Heizraum gestellt und WUUSCHH schon war der Sauerteig am explodieren. Achtet wirklich darauf, ihn an einen warmen Ort zu bringen. Bei uns hat es im Heizraum ca. 26-29 ° C . Das mochte mein Sauerteig anscheinend extrem gerne.

Sobald der Sauerteig stark genug ist, macht im Kälte nicht mehr so viel aus. Die wilden Hefen und Milchsäurebakterien werden dann eben sehr träge und arbeiten sozusagen im Schneckentempo. Deshalb kann der Sauerteig dann auch wunderbar im Kühlschrank gelagert werden und muss nur noch einmal in der Woche und nicht mehr täglich gefüttert werden.

Die Sinne einsetzen

Sissi und Franz sind wie meine Katzen. Sie sind pingelig, wollen es warm, kuschelig und vor allem sauber. Nein, ganz so heikel ist es nicht. Aber sauberes Arbeiten beim Züchten von Sauerteig ist wichtig, um die Bakterien, die man nicht haben möchte, gar nicht erst ins Glas zu bekommen. Sauberes Arbeiten bedeutet aber in diesem Fall nicht, dass es im Glas extrem clean sein und man es immer reinlich auswaschen muss. Nein, denn hier leben ja Bakterien, die es gerne „natürlich“ mögen. Aber ich finde, dass man bei der Herstellung von Sauerteig wieder lernt, seine Sinne bewusst einzusetzen.

Man kann es riechen, wenn den Mikroorganismen etwas nicht passt, wenn es z.B.: zu kalt ist oder man das Füttern vergessen hat. Dann wird man sofort einen sehr beißenden und nicht schmackhaften Duft wahrnehmen. Das bedeutet aber nicht, dass der Sauerteig nicht mehr gut ist, sondern dass er einfach wieder mehr Pflege und Aufmerksamkeit benötigt. Es kann auch passieren, dass sich auf der Oberfläche des Teiges eine dunkle Flüssigkeit bildet. Das kommt dann vor, wenn das Anstellgut zum Beispiel etwas länger im Kühlschrank war und man es eventuell vergessen hat, zu füttern. So lange sich aber kein Schimmel gebildet hat, kann diese Flüssigkeit einfach abgeschöpft und der Teig wie gewohnt weiter verwendet werden. Man erkennt es also mit allen Sinnen, wenn der Teig mehr Pflege benötigt und/oder auch, wenn er richtig geführt wird.

Pflege

Ja, die Pflege gehört auch zu den wichtigsten Faktoren beim Ansetzen eines Sauerteiges. Denn ohne Pflege wird er sich nicht zu einem triebstarken Teig entwickeln. Als Faustregel gilt: Ein Sauerteig, der bei Raumtemperatur wachsen darf, sollte alle 24 Stunden gefüttert werden. Ein Anstellgut, welches im Kühlschrank aufbewahrt wird, sollte einmal pro Woche gefüttert werden. Wie es mit dem Füttern bei mir am besten funktioniert hat, könnt ihr dann bei den einzelnen Schritten genau nachlesen.

Sauerteig

Step by step: Sauerteige ansetzen

An dieser Stelle möchte ich gleich erwähnen, dass ich gerne zwei, also einmal einen Roggensauerteig und einmal einen Weizensauerteig, (mittlerweile ist es ein Lievito Madre geworden) ansetzen wollte. Für mich ist es einfach so spannend, die unterschiedlichen Aromen der beiden Teige in sowohl würzigen Roggen- sowie Mischbroten oder -gebäcken, als auch in milden, luftigen Weizenbroten bzw. -gebäcken zu verbacken. Deshalb habe ich zuerst mit einem Teigansatz gestartet, den ich dann am 3. Tag in 2 Gläser aufgeteilt und einmal zu einem Weizensauerteig umgezüchtet habe. Falls ihr nur einen Roggensauerteig oder einen Weizensauerteig ansetzen möchtet, dann findet ihr unten bei Tag 3 eine passende Anmerkung dazu. Mir ist klar, dass in den ersten Tagen sehr viel Sauerteig-Rest abgenommen werden muss. Dafür ist er bei mir aber sehr stabil und aktiv geworden.

Resteverwertung…

Sauerteig-Reste können übrigens wunderbar auf einem mit Backpapier ausgelegen Backblech verstrichen und über ein paar Tage hinweg getrocknet werden. Den getrockneten Sauerteig mit den Händen fein zerbröseln, luftdicht verschließen und als Aromazugabe für z.B.: Germteigbrote verwenden. Mit Triebkraft ist hier nicht zu rechnen, aber dafür mit einem köstlichen zusätzlichen Geschmack. Auch als Dünger für Pflanzen macht Sauerteig eine gute Figur. Dafür den Sauerteig einfach sehr gut mit Wasser verdünnen und ab in die Erde mit den wertvollen Mikroorganismen. Natürlich kann der Rest aber auch in den Kompost gegeben werden. Wie gesagt, mir ist bewusst, dass in der ersten Woche einiges an Sauerteig abgenommen werden muss. Für mich war aber das Ergebnis einfach ausschlaggebend und danach wird der Sauerteig ja immer und immerwieder weiterverwendet.

Was man zum Ansetzen braucht:

  • 1 kg Roggenvollkornmehl
  • 1 kg Weizenvollkornmehl (falls ihr nur einen Sauerteig haben möchtet, dann benötigt fällt diese Zutat weg)
  • Wasser
  • 2 Große Gläser, die man leicht verschließen kann (und glaubt mir: lieber etwas zu groß, als zu klein…)

Und so habe ich es gemacht:

Ich habe schon ab dem 1. Tag ziemlich viel Menge an Mehl verwendet, da hier die Chance einfach größer ist, dass der Sauerteig beim ersten Mal gelingt. Es gibt die unterschiedlichsten Herangehensweisen und Sauerteigrezepte. Ich habe so viele Wege ausprobiert, bin oft gescheitert, war öfters deprimiert und wollte einfach einen starken Sauerteig züchten. Mit dieser Art des Herstellens hat es für MICH einfach am besten funktioniert. Ob dies jetzt nun „richtig“ oder „falsch“ ist, weiß ich nicht, aber es hat mich ab Tag 1 wirklich überzeugt. Also, so bin ich an die ganze Sache herangegangen:

  1. Tag:
    150 g Roggenvollkornmehl mit 160 g Wasser vermischen und den Teig in ein Glas füllen. Dieses so verschließen, dass noch Luft zukommen kann. (Bei einem Schraubverschluss den Deckel nur leicht aufsetzen, bei einem Einmachglas z.B. den Gummi entfernen). Die Höhe des Teiges im Glas kann mit einem Gummiband markiert werden. So erkennt man, ob sich etwas tut. Den Teig für ca. 24 Stunden an einem warmen Ort stehen lassen.
    Die Temperatur spielt hier wie gesagt, eine extrem große Rolle. Bei mir sah der Sauerteig ca. 10 Stunden nach dem Anrühren immer noch gleich aus. Kurz war ich schon etwas verzweifelt, aber dann habe ich ihn bei uns in den Heizraum gestellt, da es in der Küche nur 22 ° C hatte. Und dann könnt ihr weiter unten sehen, was am 2. Tag dadurch passiert ist. Er ist in wenigen Stunden (und das wohlgemerkt am 1. Tag) regelrecht in die Höhe geschossen. So hoch, dass ich es fast nicht glauben konnte.
    Sauerteig
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  2. Tag:
    Der Sauerteig sollte sich nun deutlich vergrößert, ja eigentlich verdoppelt haben. Ich war bei meinem fast ein bisschen schockiert, weil er so in die Höhe geschossen ist. Den Teig wieder mit 150 g Roggenvollkornmehl sowie 160 g Wasser verrühren und an einem warmen Ort für weitere 24 Stunden stehen lassen.
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  3. Tag:
    Den Sauerteig halbieren. Einen Teil mit 100 g Roggenvollkornmehl sowie 100 g Wasser verrühren. Den anderen mit 100 g Weizenvollkornmehl sowie 100 g Wasser vermischen und beide Teige in ein separates Glas geben. Jetzt ist es an der Zeit, den beiden einen Namen zu verleihen: Bei mir heißen die Neuankömmlinge nun Franz und Sissi! Falls ihr nur bei einem Roggen- oder Weizensauerteig bleiben möchtet: Nehmt dazu einfach die Hälfte des bisherigen Teiges heraus und vermischt diesen so wie oben beschrieben entweder mit Roggen- oder Weizenvollkornmehl.
    Sauerteig
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  4. Tag: Beide Teige sollten sich wieder deutlich vergrößert haben und es sollten Bläschen zu sehen sein. Der Weizensauerteig hat bei mir zunächst etwas länger gebraucht. Beide Teige rochen angenehm mild und leicht säuerlich wie Joghurt. Nun jeweils 100 g der Teige abnehmen und wieder mit 100 g Roggenvollkornmehl bzw. 100 g Weizenvollkornmehl sowie jeweils mit 100 g Wasser vermischen und wieder 24 Stunden stehen lassen.
    Sauerteig
  5. Tag: Den Schritt noch einmal, wie bei Tag 4 beschrieben wiederholen.
  6. Tag: Den Schritt noch einmal, wie bei Tag 4 beschrieben, wiederholen.
  7. Tag: Den Schritt noch einmal, wie bei Tag 4 beschrieben wiederholen.
  8. Tag: Wenn die Sauerteige nun stark blubbern, große Blasen sichtbar sind und sie sich schon innerhalb von 3-4 Stunden verdoppelt haben, sind sie bereit, um verbacken zu werden. Wenn nicht, dann einfach noch einige Tage weiterfüttern und nicht aufgeben!
  9. Nach der ersten Woche habe ich dann begonnen, meinen Roggensauerteig mit einem 960er Roggenmehl und meinen Weizensauerteig mit einem 700er Weizenmehl weiterzufüttern.
  10. Ich habe beide Teige auch eine Woche danach noch nicht in den Kühlschrank gestellt, sondern fleißig jeden Tag gepflegt. Hierbei habe ich Franz aber dann immer mit jeweils 50 g Roggenmehl 960 + 50 g Wasser gefüttert. Sissi habe ich in eine Lievito Madre umgezüchtet und jeden Tag immer 50 g Weizenmehl 700er + 25 g Wasser zugefüttert. (Kurz zur Erklärung: Lievito Madre ist ein milderer und festerer Sauerteig. Ich mag diesen zum Backen von Weizenbroten einfach lieber.)
  11. Am Ende der 2. Woche waren die Teige nicht mehr zu stoppen und liefen ständig über (Da war die Freude wirklich groß).
  12. Ab diesem Zeitpunkt habe ich mich dann an die Rezepte gemacht und Brote gebacken. Natürlich habe ich von beiden Teigen einen kleinen Rest übrig gelassen, diese wieder mit den oben genannten Mengenangaben gefüttert, ca. 1-2 Stunden an einem warmen Ort anspringen lassen und anschließend für ca. 1 Woche im Kühlschrank aufbewahrt. Immer nach 7 Tagen wurden die Teige wieder angefüttert, wieder für 1-2 Stunden kurz ins Warme gestellt und anschließend wieder im Kühlschrank gelagert usw. Wenn ich sie zum Backen herausgeholt habe, war das meistens an den Wochenenden, wo die Teige seit ca. 3-4 Tagen nach der letzten Fütterung im Kühlschrank waren. Ich habe mir dann eine kleine Menge für die Vorteige herausgeholt, diese angefüttert und wieder an einem warmen Ort bis zur Weiterverwendung reifen lassen. Der Rest wurde natürlich wieder in den Kühlschrank gepackt.

Natürlich gibt es für beide, Franz und Sissi, jeweils ein einfaches Rezept zum Starten, damit auch ihr eure Sauerteige ausprobieren könnt. Diese werdet ihr in den nächsten Wochen hier auf meinem Blog finden.

Weizensauerteigbrot „Sissi“

Bis dahin wünsche ich euch jetzt einen magischen Start in die Welt des Sauerteiges und gutes Gelingen beim Ansetzen eures eigenen Zauberteiges. Mich würde übrigens blendend interessieren, welche Namen ihr euren Sauerteigen gebt. Also bitte gerne weitersagen 🙂

Eure Celina

Sauerteig
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Keyword: sauerteig
Autor: Celina Hruschka

3 Kommentare

  1. 5 Sterne
    Suuuper!

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